Maike und Alexander Tschense
(aus dem Gemeindebrief „…im Blick“, Nr. 125 der Evangelischen Kirche in Lippstadt. Feb/März 2018)
Im Jahr 1981 wurde der Ökumenische Initiativkreis Eine Welt e.V. Lippstadt gegründet. Eines der Gründungsmitglieder ist Ursula Ley, die auch heute noch im „Weltladen“ arbeitet, der von Anfang an vom Initiativkreis betrieben wurde. Im Blick traf Ursula Ley und ihre Kollegin Katharina Schulte-Repel, die ebenfalls seit 15 Jahren im Weltladen engagiert ist, zum Gespräch über fairen Handel und die Bewahrung der Schöpfung.
Im Blick: Gab es ein besonders einschneidendes Erlebnis, weshalb Sie begonnen haben, sich zu engagieren?
Ley: Wir waren damals einige Familien, die neu in Lippstadt waren. Unter dem Eindruck der Befreiungstheologie und der 68er-Bewegung wollten wir etwas zusammen machen und die Welt ein bisschen besser machen. Wir wollten, dass es für die Menschen, die nicht auf der Sonnenseite leben, mehr Gerechtigkeit gibt. Durch unsere Art zu leben leben sie schlechter.
Schulte-Repel: Damals gab es in Lippstadt zwei weitere Gruppen, die sich mit dem Thema Gerechtigkeit und fairer Welthandel auseinandergesetzt haben. Zum einen eine Gruppe junger Erwachsener rund um Pfarrer Höpker, und zum anderen eine Jugendgruppe in St. Elizabeth. Nur gemeinsam konnte der Initiativkreis damals Realität werden.
Im Blick: Der Weltladen hatte letztes Jahr 35-jähriges Jubiläum. Was hat sich in der langen Zeit verändert?
Ley: In den ersten Jahren war es sehr mühsam. Es gab lediglich ein paar Stammkunden. Mit der Zeit kamen immer neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dazu und jeder hat seine eigenen Ideen mitgebracht. Auch das Sortiment hat sich maßgeblich geändert. Zu Beginn gab es im Wesentlichen Kaffee, Tee, Jutetaschen und Bücher. Heute gibt es eine große Bandbreite an Produkten: Geschirr, Schmuck, Kleidung, Dekoartikel und natürlich Kaffee, Tee und Schokolade.
Schulte-Repel: Auch mit jedem der vier Umzüge hat sich viel geändert. Jeder Umzug war mit Aufwand verbunden, hat aber auch neue Energien geweckt und dem Laden einen Schub gegeben. Heute profitieren wir davon, dass wir dieses tolle Ladenlokal haben, in dem wir die Waren optimal anbieten können und das auch von Laufkundschaft frequentiert wird.
Ley: Inzwischen gibt es auch viele Kooperationen mit Schulen oder mit anderen Weltläden in der Region: Schulklassen kommen immer wieder zu uns, wir halten Vorträge oder bieten Seminare an. Besonders eng arbeitet das Stift Cappel Berufskolleg mit uns zusammen, das ja den Titel „Fair Trade Schule“ trägt.
Im Blick: Bei der Gründung trug der Laden noch den Namen „Dritte-Welt-Laden“. Fünf Jahre später wurde er unbenannt zu „Eine-Weltladen“ und weitere vier Jahre später zu „Weltladen“. Was war ausschlaggebend für diese Namensänderung?
Ley: Zum Zeitpunkt der Gründung sprach man bei Ländern wie Nicaragua von der Dritten Welt. Nach heutigem Verständnis ist das diskriminierend. Deshalb hat sich der Name geändert.
Schulte-Repel: Es geht ja darum den Menschen auf Augenhöhe zu begegnen.
Ley: Heute gehört der Laden zum Dachverband der Weltläden. Die letzte Umbenennung, die auch schon 17 Jahre her ist, fand durch den Dachverband statt. Das ist eher eine Marketing-Aktion gewesen. Inzwischen ist der Name aber vertraut und verbreitet bekannt.
Im Blick: Der Weltladen hat in den ersten 20 Jahren viel mehr spenden können als in den letzten 15 Jahren. Können Sie sich einen Grund dafür vorstellen?
Schulte-Repel: Das ist eine schöne Frage. Man muss wissen, dass der Weltladen selbst gar nichts spendet. Er wird vom Initiativkreis betrieben und trägt sich selbst. Über vierzig Ehrenamtliche engagieren sich im Laden und bringen Ihre Qualifikationen in den Einkauf, Verkauf oder die Gestaltung ein. Überschüsse, so es denn welche gibt, investieren wir in den Laden und seine Ausstattung. Die Unterstützung von Projekten, zum Beispiel in Nicaragua, findet durch den Initiativkreis statt.
Ley: Zur Gründung des Ökumenischen Initiativkreises hat jedes Vereinsmitglied ein Prozent seines Gehaltes an den Verein gespendet. Dieses Modell haben wir irgendwann aufgegeben, um offen für jedes neue Mitglied zu sein. Eine sehr große Spende konnten wir 1998 machen. Damals hat in Nicaragua der Hurrikan Mitch besonders schwer gewütet. Der Initiativkreis hatte dort schon lange konkrete Projekte unterstützt und war somit direkt betroffen. Wir haben dann 100.000 DM (etwa 50.000 EUR) gesammelt und gespendet.
Schulte-Repel: Grundsätzlich wäre es uns lieber, wenn es die Spenden nicht bräuchte. Würden die Menschen in den Erzeugerländern fair entlohnt, müssten wir nicht in den Brunnenbau oder andere Projekte finanzieren. Dann könnten sie das aus eigenen Mitteln leisten. Das spiegelt sich auch im Motto „Eure Almosen könnt ihr behalten, wenn ihr gerechte Preise zahlt“ wider. So weit ist es aber leider noch nicht.
Im Blick: Auch in Supermärkten gibt es inzwischen „Fair-Trade“ –Produkte. Ist das eine Konkurrenz für Sie?
Schulte-Repel: Nein. Immer mehr Menschen möchten heute Produkte kaufen, bei deren Herstellung Sozial- und Umweltstandards eingehalten werden. Wenn durch das Angebot der Supermärkte mehr Kunden diese kaufen, ist das positiv. Meistens gibt es dort allerdings nur eine begrenzte Auswahl.
Ley: Im Grunde müsste es doch unser Ziel sein, uns überflüssig zu machen. Das würde schließlich bedeuten, dass alle Produkte fair gehandelt und die Menschen vor Ort ordentlich behandelt werden. Die GEPA als unser Betriebspartner achtet ja auch darauf, dass Gesundheits- und Umweltstandards eingehalten werden. Es ist auf jeden Fall besser, ein Kunde kauft ein oder zwei faire Produkte regelmäßig als gar nicht. Wo er die dann kauft, ist doch egal. Es gibt auch einen Schulkiosk, der unsere Produkte anbietet und die Schokoriegel zum selben Preis anbietet wie die konventionellen auch.
Im Blick: Stellen Sie den Weltladen in Verbindung mit Gott und den Erhalt der Schöpfung?
Ley: Bewahrung der Schöpfung, Frieden und Gerechtigkeit; Das hängt doch alles zusammen. Es kann nur Frieden geben, wenn es Gerechtigkeit gibt. Und die Zerstörung der Umwelt wird nur enden, wenn die Menschen zusammen arbeiten.
Im Blick: Wir danken Ihnen für das Gespräch und wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg.